Der Berliner Salon | Diskurs Deutscher Designer zu Nachhaltigkeit, Zirkularität und Transparenz

 

 

Unter dem Motto „Committed to Responsibilty“ fand am vergangenen Montag im Kraftwerk in Berlin Der Berliner Salon statt, um die neuesten Mode-, Schmuck- und Accessoires-Designs von 35 deutschen Designlabels zu zeigen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, ganzheitlich verantwortungsvoll zu produzieren und nach visionären Prinzipien zu handeln handeln. Luxiders Magazin war vor Ort, um sie zu interviewen und besser zu verstehen, worum es in ihrem Diskurs über Nachhaltigkeit, Zirkularität und Transparenz geht.

 

 
 

 

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Es ist der 6. September 2021. Es ist der erste Tag der Berlin Fashion Week. Es ist das Ende des Sommers und die Sonne strahlt auf die Menschen in der Schlange vor dem Kraftwerk Berlin. Beim Betreten des Kraftwerks dauert es einen Moment, sich dem neuen stark kontrastierendem Milieu anzupassen. Von innen hat das Kraftwerk Berlin große, industrielle Betonwände, das Licht ist gedimmt und düstere Musik erklingt. Das ehemalige Heizkraftwerk Ost-Berlins ist heute Schauplatz einer Gruppenausstellung von 35 deutschen Designern aus den Bereichen Mode, Accessoires und Schmuck. Gastgeber der Installation ist Der Berliner Salon, der den Diskurs über Nachhaltigkeit, Zirkularität und Transparenz in der Modebranche anregen und auf die einflussreiche Rolle deutscher Designer aufmerksam machen möchte. Einige davon konnten wir kennenlernen.

 

RIANNA + NINA 

Der Name der aktuellen Kollektion „Petalouda“ des Luxuslabels Rianna + Nina verrät, worum es in der Kollektion geht. „Petalouda“ ist das griechische Wort für Schmetterling. Ähnlich wie Schmetterlinge sind die Markenzeichen von Rianna + Nina lebendige Farbspritzer und frei fließende, mehrlagige Designs, die Freiheit und Lebendigkeit repräsentieren. Im Gegensatz zu anderen Labels möchte Rianna + Nina mit zeitloser Mode ein Statement gegen unsere heutige Wegwerfgesellschaft setzen. Ihre Kollektionen sind nicht auf bestimmte Jahreszeiten abgestimmt und können mit früheren Kollektionen kombiniert werden, die erwerblich bleiben.

Außerdem liegt der Hippie-Chic-Marke die Wiederverwendung von Stoffen am Herzen. Mitbegründerin Rianna Kounou, auch bekannt als „Queen of Vintage“, ist der kreative Kopf hinter der Marke. Alle Designs werden aus Vintage-Stoffen hergestellt, die Rianna aus der ganzen Welt bezieht, bei Schatzsuchen auf Flohmärkten oder durch Bekannte. Alle Kleidungsstücke werden in Berlin produziert und nur auf Bestellung gefertigt, um eine Überproduktion zu vermeiden. Derzeit sind die Designs von Rianna + Nina weltweit in mehr als 35 Geschäften und online vertreten. Die Teilnahme am Berliner Salon ist für das Label jedoch eine tolle Möglichkeit, die deutschen Modebranche auh ihrem Weg in eine nachhaltigere Zukunft zu unterstützen.

 

ANNA AURAS 

Anna Auras ist in der Nähe des Bodensees aufgewachsen. Häufig von Wasser umgeben zu sein, diente als Inspiration für ihre feinen Schmuckdesigns. Wie Wasser zeichnen sich ihre Entwürfe durch fließende und scheinbar unendlich bewegende Formen aus. Anna Auras ist geprüfte Goldschmiedin und fertigt alle ihre Designs von Hand in ihrer hauseigenen Werkstatt. Bei Materialien und Lieferanten legt Anna Auras Wert auf Transparenz. Sie stellt nicht nur sicher, dass Materialien ethisch beschafft, sondern auch recycelt werden, indem sie regionale Lieferanten auswählt, die vom „Responsible Jewellery Council (RJC)“ zertifiziert sind. In diesem Frühjahr startete sie ihren Online-Shop. Durch die Teilnahme am Berliner Salon erhofft sie sich eine Steigerung ihres Bekanntheitsgrades, der ihr dabei hilft in Zukunft einen Koncept Store eröffnen zu können.

 
 
 
 

VICKERMANN UND STOYA 

Vickermann und Stoya ist ein Label, das maßgeschneidertes Schuhe herstellt. Das Label regt seine Kunden dazu an, eigene Designideen zu entwickeln. Dadurch produziert das Label keine eigenen Kollektionen, da jedes Paar Schuhe ein Unikat ist und nur dem Kunden passt, was unumstrittene Ähnlichkeiten mit dem Aschenputtel-Märchen aufweist. Jedes Schuhpaar ist maßgeschneidert, handgefertigt von unter anderem Orthopädie-Spezialisten und dauert ungefähr 80 Arbeitsstunden. Kunden erhalten ihr Schuhpaar in der Regel in etwa 2 Monaten. Bei Vickermann und Stoya wird jedes Schuhpaar als Kunstwerk verstanden, das ein Leben lang halten soll. Das Label verfolgt einen nachhaltigeren Ansatz, indem es Kurse anbietet, um Kunden die Pflege ihrer Schuhe beizubringen. Außerdem gründete das Label das Schuhreparaturservice-Start-up „Shoe-doc“. Zudem produziert Vickermann und Stoya alle Schuhe in ihrer Manufaktur in Baden-Baden und verwendet ausschließlich Materialien, die in Europa bezogen werden und Wert auf hohe Transparenz hinsichtlich der verwendeten Materialien legen. Die Marke verwendet Leder. Allerdings erwägen sie derzeit die Einführung von veganem Leder. Vickermann und Stoya hebt sich durch ihren individuellen Kundenservice von anderen ab. Kunden sind jederzeit willkommen, die Manufaktur zu besuchen und sich von den Produktionsbedingungen zu überzeugen. Viele Kunden sind dem Schuhlabel seit der Gründung im Jahr 2005 treu geblieben. Bisher verkauft Vickermann und Stoya ihre Schuhe nur in Deutschland. Jedoch ist eine Expandierung in die Schweiz geplant. Die Teilnahme an der Gruppenausstellung des Berliner Salons ist für das Label eine Chance, ihre Liebe zum Detail und Qualität auch bei anderen zu wecken.

 

KAREN JESSEN

Karen Jessen repräsentiert beim Berliner Salon unter anderem ein Oberteil aus aufwendig gebundenden Seilen eine schwarze Fransenlederjacke. Ihre Entwürfe zeichnen sich durch eine künstlerische Auseinandersetzung mit der „All Black Everything“-Jugendkultur aus, die von der zeitgenössischen Berliner Clubszene inspiriert wurde. Karen Jessen war schon immer daran interessiert, Nachhaltigkeit in der Modebranche umzusetzen. 2014 gewann sie für ihre nachhaltige Kollektion den „The EcoChic Design Award“. Außerdem fördert sie eine nachhaltigere Modeindustrie, indem sie mit großen Namen wie Levi's und Vogue zusammenarbeitet. Karen Jessen setzt einen hohen Standard, indem ausschließlich Materialien verwendet werden, die das Ergebnis von Upcycling-Prozessen sind und durch „Zero Waste Pattern Cutting“  hergestellt wurden, wodurch Stoffabfälle vermieden werden. Teil der Installation des Berliner Salons zu sein, ist für sie nicht nur eine großartige Möglichkeit, die Botschaft zu verbreiten, sondern auch eine Ehre.

 

OFFT

Offt ist ein Label, das von Ashley Marc Hovelle kreiert und von seiner eigenen minimalistischen Garderobe inspiriert wurde. Das Label basiert auf zehn wesentlichen Bekleidungskategorien, die, wie der Markenname schon sagt, oft getragen werden sollen. Dieses Konzept zielt nicht nur darauf ab, Zeit beim Anziehen zu sparen, sondern auch den bewussten Umgang mit Kleidung zu fördern und im Einklang mit der Natur zu arbeiten. Jedes Kleidungsstück besteht aus nachhaltigen Stoffen wie veganer Seide, recyceltem Polyester, dem charakteristischen Waffelpiqué und natürlichem Denim, das mit Regenwasser hergestellt wird, das 6000 Liter Wasser pro produziertem Artikel wie Jeans oder Jacke spart. Außerdem verzichtet OFFT auf die Verwendung von künstlichen Farbstoffen. Darüber hinaus produziert das Label ihre Mode in einer zertifizierten Manufaktur in Portugal und legt Wert auf ethische und faire Bedingungen innerhalb ihrer supply chain. Offt-Kleidung ist international in ausgewählten Stores und in der Oderberger Straße in Berlin erhältlich. Für Offt ermöglicht die Teilnahme am Berliner Salon einen wertvollen Austausch zwischen Designern und stärkt das nachhaltige Bewusstsein in der deutschen Modebranche.

 

 
 

+  Words:

Lissi Buechel
Luxiders Magazine