Hemp in Design | Interview mit Philipp Hainke

Im nächsten Teil unserer Serie Hemp in Design“ stellen wir den Produktdesigner Philipp Hainke vor. Seine Arbeit verbindet technische und ökologische Materialkreisläufe auf elegante Weise und geht über reinen Formalismus hinaus, um die Gesellschaft durch innovative Designprozesse aktiv mitzugestalten. Begleite uns in diesem Gespräch, das seinen Fokus auf sein Projekt ORGANICO legt – eine Innovation, die Hanf ins Zentrum des Designs rückt.

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Philipp Hainke verfolgt in seiner Arbeit einen zirkulären Ansatz und spezialisiert sich auf die Entwicklung nachhaltiger Produkte. Sein Projekt ORGANICO erforscht das Potenzial von Hanf als erneuerbare Ressource für kreislauffähige Materialien. Mithilfe eines selbst entwickelten Bio-Klebers verwandelt Hainke Hanffasern und Schäben in ein stabiles, aber dennoch leichtes Material. Das Ergebnis ist ein ästhetisches Design, das die transformative Kraft der Technologie hervorhebt und gleichzeitig die archaische Natur des Materials bewahrt.

Seine Arbeit fördert die Nachhaltigkeit, indem sie Materialität neu denkt und Produktlebenszyklen neu definiert. Philipp Hainke wurde international anerkannt und mit Preisen wie dem Green Concept Award, dem Materialica Award und dem Salone Satellite Award ausgezeichnet.

Interview mit Philipp Hainke

Können Sie Ihre Erfahrungen mit der Verwendung von Hanf als Material für Möbel in Ihren Projekten teilen? Was hat Sie ursprünglich dazu inspiriert, Hanf in Möbeldesigns einzusetzen?

Der Ausgangspunkt für dieses langfristige Projekt war die Suche nach unschädlichen, biologischen Alternativen zu erdölbasierten Bindemitteln wie Epoxidharzen und Polyurethanen. Daher war die Materiallandschaft vor 1930 der Fokus meiner Forschung, wobei der traditionelle Leim eine zentrale Rolle spielte.

In der heutigen Industrie ist es üblich, Fasern mit Bindemitteln zu kombinieren. Die bekanntesten Beispiele sind Glas- oder Carbonfasern. Jedoch werden auch Flachs und Hanf aufgrund ihrer guten technischen Eigenschaften verwendet, allerdings meist in nicht sichtbaren Bereichen. Um die Menge des Bindemittels in voluminösen Teilen zu reduzieren, werden häufig Füllstoffe eingesetzt, und hier weckten die Hanfschäben, auch bekannt als Hemp Hurds, mein Interesse. Dieses schaumähnliche Material bildet den Kern der Hanfpflanze. Es ist ein Nebenprodukt der Faserproduktion und liegt in Form von Flocken vor.

Können Sie uns durch ein spezifisches Projekt führen, bei dem Sie Hanf verwendet haben, und die einzelnen Schritte sowie das Endergebnis erläutern? Was macht dieses Projekt besonders?

Seit 2013 experimentiere ich mit Biokompositen. Während meines Studiums an der Universität der Künste Berlin entschied ich mich, meine Bachelorarbeit einer tiefergehenden Forschung zu Biokompositen zu widmen. Das Ergebnis dieser Arbeit ist ORGANICO – ein vielseitiges Material auf der Basis von Hanf und einem selbst entwickelten Biokomposit, das pflanzliches Bioprotein als Bindemittel nutzt.

Welche spezifischen Eigenschaften von Hanf machen ihn zu einer attraktiven Wahl für Möbeldesign? Wie trägt der Einsatz von Hanf zum ästhetischen und haptischen Erlebnis eines Möbelstücks bei?

Hanf ist äußerst strapazierfähig – nicht ohne Grund wurden früher Segel und Seile daraus hergestellt. In Kombination mit Hanfschäben fertige ich bio-leichte Objekte. Je nach Presstechnik können die Oberflächen von einer rohen, organischen Textur bis hin zu einer technischen Oberfläche variieren. Doch alle Stücke haben eine – nicht so offensichtliche – Gemeinsamkeit: ihren angenehmen Geruch. Wir alle kennen den Geruch von billigem Plastik. Wenn ich mir das Gegenteil vorstellen müsste, dann wäre es der Geruch von ORGANICO. Er erinnert mich an frische Heustapel aus meiner Kindheit.

Wie fügt sich die Verwendung von Hanf in Möbeln aus ökologischer Sicht in nachhaltige Designpraktiken ein? Wie reagieren Kunden auf den Nachhaltigkeitsaspekt von Hanf in Möbeln, und beeinflusst dies ihre Entscheidungen?

Mein holzfreies Produkt besteht hauptsächlich aus pflanzlichem Material, das gleichzeitig als Kohlenstoffspeicher fungiert. Der vegane Kleber ist frei von herkömmlichen Bindemitteln, Harzen oder Biokunststoffen wie PLA. Während viele Projekte auf hochverarbeitete Monomaterialien setzen, besteht ORGANICO zu bis zu 90 % aus rohem, natürlichem Hanf. Diese schnell wachsende Pflanze kann auf nahezu jedem Boden angebaut werden und bietet neben ihren guten technischen Eigenschaften auch zahlreiche positive ökologische Anbaueigenschaften, wie Schädlingsresistenz. Durch den im Kleber verwendeten Kalk ist das Material von Natur aus gegen Pilz- und Schädlingsbefall geschützt.

Je nach Anwendung kann es isolierend, leicht, schwer entflammbar, wasserabweisend sein oder diese Eigenschaften kombinieren. Nach Ablauf seines Lebenszyklus kann das gesamte Produkt problemlos in den biologischen Kreislauf zurückgeführt werden, ohne die Umwelt zu belasten.

Welchen Rat geben Sie Kunden zur Pflege und Wartung von Möbeln aus Hanf? Gibt es Missverständnisse über Hanfmöbel, die Sie für wichtig halten, anzusprechen?

Ich glaube nicht, dass es möglich ist, „Möbel aus Hanf“ so zu verallgemeinern, dass universelle Pflegehinweise gegeben werden könnten. Bezogen auf ORGANICO kann man es eher mit Holz als mit Stoff vergleichen. Die Objekte sind schwer entflammbar und können kurzzeitig Wasser widerstehen. Besonders anfällig sind die Ecken, an denen die teils unbehandelte Faser sichtbar ist. Diese Bereiche stellen eine potenzielle Schwachstelle dar und sollten mit besonderer Sorgfalt behandelt werden.

Beobachten Sie eine steigende Nachfrage nach Möbeln aus Hanf? Falls ja, welchen Faktoren schreiben Sie dies zu? Wie bleiben Sie über Marktentwicklungen im Bereich Hanf im Möbeldesign informiert?

Ich bin mir nicht sicher, ob ich das Feld ausschließlich auf Hanf beschränken würde, aber es gibt definitiv einen allgemeinen Trend hin zu alternativen Materialien und alternativen Materialströmen. Dies ist eine positive Entwicklung, aber natürlich gibt es auch Akteure auf dem Markt, die versuchen, von diesem Trend zu profitieren, ohne große Investitionen zu riskieren.

Wie beschaffen Sie Hanf? Haben Sie mit Hanfproduzenten oder -herstellern zusammengearbeitet, um Materialien für Ihre Designs zu beziehen?

Zu Beginn habe ich versucht, eine direkte Verbindung zu einem lokalen Produzenten im Berliner Umland aufzubauen, hatte jedoch Schwierigkeiten mit schwankenden Materialeigenschaften. Mittlerweile beziehe ich den Großteil meiner Rohstoffe von einem Anbieter für Baumaterialien. Der Vorteil hierbei ist, dass man immer die gleiche Materialqualität erhält.

Wo sehen Sie Ihre Produkte ausgestellt?

ORGANICO wurde bereits auf vielen Ausstellungen gezeigt, darunter die Salone del Mobile in Mailand, die IMM in Köln und die Global Grand Show in Dubai, um nur einige zu nennen. Es wäre großartig, ORGANICO im Mobilitätssektor angewandt zu sehen, da diese Branche die finanzielle Freiheit und das innovative Mindset hat, ein Konzept weiterzuentwickeln. Ich könnte mir auch eine Zusammenarbeit mit einer Marke wie Nike oder Patagonia vorstellen, um die Produkte in einem Flagship-Store zu präsentieren.

Wo sehen Sie die Zukunft von Hanf im Möbeldesign? Gibt es neue Technologien oder Prozesse, die Ihrer Meinung nach den Einsatz von Hanf in Möbeln weiter vorantreiben werden?

Sicherlich werden wir in der Möbelindustrie eine diversere Materiallandschaft sehen. Es besteht ein großer Bedarf, die CO₂-Emissionen zu reduzieren und/oder CO₂ aus der Atmosphäre zu binden. Da Pflanzen natürliche Kohlenstoffspeicher sind, sehe ich in diesem Bereich ein enormes Potenzial. Hanf ist als einjährige Pflanze nicht nur relativ schnell wachsend, sondern auch sehr resistent und gedeiht sogar auf nährstoffarmen Böden, was einen Anbau ohne Pestizide ermöglicht.

Ich sehe großes Potenzial in einer Kombination aus High-Tech und Low-Tech, ähnlich wie ich es mit ORGANICO untersucht habe.

 

Words:
Francesco Witt
Luxiders Magazine

All Images:
© Courtesy by Philipp Hainke

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