Ulrike Kähler: Nachhaltige Mode Durch Neonyt Düsseldorf Vorantreiben

Als Geschäftsführerin der Igedo Exhibitions - ein weltweit führender Messeveranstalter in der Modebranche mit seinen Veranstaltungen SHOES DÜSSELDORF, FASHN ROOMS und NEONYT als Lizenzveranstaltung - spielt Ulrike Kähler eine zentrale Rolle bei der Gestaltung einer Plattform, die die neuesten Trends, Ideen und Technologien in der nachhaltigen Mode präsentiert. Die internationale Fachmesse Neonyt Düsseldorf dient als Drehscheibe für Designer, Modelabels und Branchenexperten, um Kontakte zu knüpfen, Ideen auszutauschen und Kooperationen mit einer gemeinsamen Vision einer nachhaltigeren und ethischen Modeindustrie zu fördern.

Mit vielen frischen Ideen und starken nachhaltigen Marken wird die Neonyt Düsseldorf vom 22. bis 24. Juli 2023 auf dem sehr beeindruckenden Areal Böhler stattfinden. Unter anderem sind die Marken Genesis Sustainable Footwear, GREENBOMB, Kings Of Indigo, Les Racines du Ciel, Mela wear, Nat-2™, Thies 1856 und Wunderwerk wieder mit dabei. Neu dabei sind CANO, Eve in Paradise, Lana natural wear und SOFTCLOX. Alle Marken werden streng auf ihre Nachhaltigkeit geprüft.

In dieser Sommerausgabe präsentiert Neonyt Düsseldorf zum ersten Mal fashion start-ups!, eine Start-up-Area für nachhaltige junge Marken, um sich attraktiv und sichtbar auf der Messe zu präsentieren.

INTERVIEW MIT ULRIKE KÄHLER ÜBER NEONYT DÜSSELDORF

Fast Fashion hat die Branche lange Zeit dominiert und Wegwerf- und nicht nachhaltige Praktiken gefördert. Wie kann die Modeindustrie insgesamt zu einem nachhaltigeren und ethischeren Ansatz übergehen, und welche Rolle spielt Neonyt Düsseldorf dabei?

Das ist eine große Frage, die Sie mir hier stellen. Fast Fashion und inzwischen auch Ultra Fast Fashion Anbieter wie Shein spielen leider eine wachsende Rolle bei den Kaufentscheidungen der Konsumenten. Solange das System auf Umsatzsteigerung um jeden Preis basiert, sprich ohne Berücksichtigung von sozialer und ökologischer Verantwortung, werden auch nachhaltige Capsule Kollektionen und andere kosmetische Eingriffe nicht zu einer positiven Veränderung führen. Eigenverantwortlich wird es wohl – das beobachten wir entsprechend lange – keine wirkliche Veränderung geben. Entsprechend wichtig empfinde ich gesetzliche Regulatorien, wie sie langsam auf den Weg gebracht werden. Wir brauchen transparente Lieferketten, existenzsichernde Löhne und zukunftstaugliche Konzepte wie die Kreislaufwirtschaft. Die Marken, die auf der Neonyt ausstellen, können als Inspiration dienen und als glänzendes Beispiel dafür, dass sich Nachhaltigkeit und Style/Design nicht ausschließen. Mit der Neonyt bieten wir all denen eine Plattform, die Mode als 360-Grad-Konzept erleben wollen. 

In der Tat hat die Bewegung für nachhaltige Mode in den letzten Jahren erheblich an Zugkraft gewonnen. Wie würden Sie die bisher erzielten Fortschritte und die vor uns liegenden Herausforderungen beschreiben?

Ich muss hier unterscheiden zwischen der Wahrnehmung in der Gesellschaft und dem wirtschaftlich/medialen Blickwinkel. Das Thema hat mit dem Einsturz des Rana Plaza Gebäudes in Bangladesch 2013 an Fahrt aufgenommen. Damals vor einem aktivistischen Hintergrund. Inzwischen ist viel passiert. Das Thema hat – ich spreche hier von der DACH-Region - Einzug in Hochglanzmedien wie die VOGUE erhalten, was nicht zuletzt der attraktiven Neuausrichtung der Neonyt geschuldet war. Nachhaltigkeit wurde cool und ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Und das Thema ist auf die politische Agenda gekommen. Stichwort: Lieferkettengesetz, Green Deal, Anti-Greenwashing-Gesetze etc. Aber es muss natürlich noch sehr viel mehr passieren. Wir müssen endlich definieren, wie eine zeitgeistige, zukunftstaugliche Textilindustrie aussehen kann und dann entsprechende Maßnahmen ergreifen, um diesem Ziel so schnell wie möglich näher zu kommen.

"Die aktuelle Konsumlaune hat zu einer schwierigen Situation für nachhaltige Brands geführt. Deren Kollektionen sind teurer als konventionelle Mode. Den Verkaufspreis können wir nicht beeinflussen. Wir können nur aufklären und die Kosten für ökologisch und fair produzierte Ware transparent darstellen. Denn nachhaltige Mode ist nicht zu teuer. Konventionelle Mode, oder genauer gesagt Fast Fashion, ist oft zu billig."

Neonyt Düsseldorf ist Zweifels ohne die globale Plattform für nachhaltige Mode. Könnten Sie etwas zu den Auswirkungen auf die Modeindustrie sagen?

Mit der Neonyt haben wir einen Ort geschaffen, an dem ebenso nachhaltige wie stylische Marken ihre Kollektionen zeigen können. Die Neonyt ist eine Community driven platform, die auf Networking, Austausch und gemeinsames Weiterkommen bzw. Verändern setzt. Hier kommen internationale Einkäufer*innen, Journalist*innen, Content Creators zusammen und können die ganze Bandbreite aus Fashion, Knowledge und Community Power für sich nutzen. Auf der Fläche, der Stage, in der Knowledge Area oder der Prepeek, dem innovativen Network-Event für die (Social-)Media affine Community. Gemeinsam können wir mehr bewegen.

Die Modeindustrie hat nicht ihre besten Zeiten hinter sich. Nach der Pandemie, dem Krieg in der Ukraine und der darauffolgenden Energiekrise und jetzt der unaufhaltsamen Inflation... Wie verändert Neonyt Düsseldorf die Modelandschaft und welche Rolle spielt dies bei der Unterstützung nachhaltiger Modemarken, um in diesen schwierigen Zeiten Geschäfte zu machen?

Die Neonyt setzt ganz klar auf Nachhaltigkeit. Ein Bereich, der großes Potenzial hat, aber immer noch ein Nischenthema ist. Durch die Kombination mit unserer konventionellen Messe FASHN ROOMS auf demselben Gelände zur gleichen Zeit , können auch konventionelle Einkäufer unkompliziert nachhaltige Modelabels und ihre Kollektionen entdecken. Neben der Vernetzung der Marken untereinander, setzen wir darauf, dass die nachhaltigen Marken mehr und mehr im klassischen Handel ins Sortiment kommen. Das ist die Form von Sichtbarkeit, die diese Marken brauchen. Und die sie bei uns bekommen. Ganz neu in dieser Saison ist die Start-up-Area, mit der wir nicht nur für frische Themen sorgen, sondern Newcomer beim Eintritt in den Markt unterstützen.

In Zeiten der Krise wird der Preis von Produkten immer wichtiger. Neonyt Düsseldorf geht auf diese Bedenken ein und arbeitet daran, nachhaltige Mode erschwinglicher und inklusiver zu machen.

Die aktuelle Konsumlaune hat zu einer schwierigen Situation für nachhaltige Brands geführt. Deren Kollektionen sind teurer als konventionelle Mode. Den Verkaufspreis können wir nicht beeinflussen. Wir können nur aufklären und die Kosten für ökologisch und fair produzierte Ware transparent darstellen. Denn nachhaltige Mode ist nicht zu teuer. Konventionelle Mode, oder genauer gesagt Fast Fashion, ist oft zu billig. Dieser Gap ist ein großes Problem, das es zu lösen gilt. Was die Inklusivität angeht, eine wichtige Facette beim Thema Nachhaltigkeit, sieht das anders aus. Wir haben im Januar das Thema aktiv in der Prepeek thematisiert und auf die Bühne geholt: From adaptive clothing to gender-neutral fashion, there are so many exciting developments in the world of inclusive fashion. 

Sind Einzelhändler auf der Suche nach nachhaltiger Mode? Welche Multimarkengeschäfte, Einkaufszentren und Modeketten haben ihren Besuch für die nächste Ausgabe bestätigt?

Der Einzelhandel ist gerade auf der Suche nach neuen Themen. Einfach nur verkaufen reicht heute nicht mehr aus. Hier hat sich in der Pandemie viel verändert. Viele Häuser arbeiten an der Eventisierung ihrer Flächen und sind auf der Suche nach authentischen Geschichten. Und da kommen die Marken der Neonyt ins Spiel: Nachhaltige Mode ist Storytelling. Hinter jeder Brand steckt eine spannende Geschichte.

"Fast Fashion und inzwischen auch Ultra Fast Fashion Anbieter wie Shein spielen leider eine wachsende Rolle bei den Kaufentscheidungen der Konsumenten."

Das Konzept der Kreislaufmode hat als Lösung für die Umweltauswirkungen der Branche an Dynamik gewonnen. Wir haben beobachtet, wie andere Modemessen Vintage-Märkte mit Ausstellern von Secondhand-Kleidung in ihr Angebot aufgenommen haben. Ist dies etwas, das wir auch bei dieser Ausgabe der Neonyt Düsseldorf sehen können? 

Preloved Fashion und reCommerce Programme sind wichtige Konzepte, aber wir werden uns auch bei der 2nd edition auf nachhaltige Modelabels konzentrieren. Wobei wir auch Konzepte zeigen, bei denen demonstriert wird, wie Mode recycelt und repariert werden kann.

Die Denkweise und das Verhalten der Verbraucher spielen eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der Zukunft der nachhaltigen Mode. Wie wird Neonyt Düsseldorf mit den Verbrauchern in Kontakt treten und das Bewusstsein für die Bedeutung bewusster Modeentscheidungen schärfen?

Als B2B Order Plattform haben wir keinen direkten Kontakt zu Konsumenten. Aber das Erreichen dieser Zielgruppe ist ein wichtiges Thema, das wir zum einen im Rahmen eines entsprechenden Panels (Sonntag 23.7.) auf der Prepeek Stage thematisieren. Zum anderen ist unser Instagram Kanal öffentlich und für alle Interessenten zugänglich. Hier informieren wir, klären auf und versuchen Endverbraucher mit unseren Inhalten und für unsere Marken bzw. das ganze Thema begeistern. 

Innovation und Technologie haben das Potenzial, nachhaltige Mode zu revolutionieren. Welche aufregenden Fortschritte oder Trends sehen Sie in der Branche, und wie greift Neonyt Düsseldorf diese Entwicklungen auf?

Ein Thema, das in aller Munde ist, dem man sich nicht entziehen kann und das im großen Maße die Zukunft der Mode mit prägen wird ist die Digitalisierung. Sei es ihm Rahmen von Zero-Waste-Schnitterstellung, Passform-Tools oder anderen innovativen Ansätzen, die auf das Konto der Nachhaltigkeit einzahlen. Auf der Neonyt konzentrieren wir uns stark auf Mode Brands. Aber natürlich gibt es hier Konzepte, die im Hintergrund digital getrieben sind. Und natürlich thematisieren wir das Thema in einem entsprechenden Panel auf der Stage (Montag 11 Uhr). Hier kommen innovative Start-ups zu Wort, die das Leben leichter und nachhaltiger machen.

Wie sieht Ihre Vision für die Zukunft der Mode aus, und wie will Neonyt Düsseldorf in den kommenden Jahren zu einer nachhaltigeren, gerechteren und bewussteren Branche beitragen?

Ich wünsche mir, dass Mode zu dem wird, was sie mal war: respektvoll produziert und wertschätzend konsumiert. Unsere Marken zeigen, dass sich – wie eingangs erwähnt – Nachhaltigkeit und Style nicht ausschließen. Um unseren Beitrag dazu zu leisten, müssen wir den Standort Düsseldorf weiter ausbauen, weiterwachsen und noch mehr Menschen mit unserem wichtigen Thema erreichen.

All Images: © Igedo Company

Interviewer:
Belvis Soler
Luxiders Magazine