In dieser Saison hat die London Fashion Week die Bühne für Vielfalt, Nüchternheit und Eskapismus bereitet. Die Designer haben Widerstandsfähigkeit und Kreativität gezeigt, um Stile, Stoffe und Konzepte zu überarbeiten. Inmitten einer Landschaft der Ungewissheit waren die Laufstege gefüllt mit Eleganz und Optimismus wie in der Kollektion von Duro Olowu, dessen kräftige Farben uns hoffentlich zum Strahlen bringen werden; konterkariert durch die zunehmende Präsenz digitaler Technologien wie von Accidental Cutting gezeigt, die den Prozess der Nachhaltigkeit durch Null-Abfall-Produktionsmodelle beschleunigen. Die LFW Ready-to-Wear HW21 hat vielmehr die Nostalgie und die große Präsenz der englischen Schneiderkunst unterstrichen, in einem Kontext des Wandels und des Aufbruchs.
Duro Olowu
Duro Olowu
Accidental Cutting
Accidental Cutting
Traditionelle englische Konfektionskunst und rebellische Silhouetten sind eine Hommage an Westwoods Markenarchiv: offene Erotik, Nachhaltigkeit und endlose Geschichten. Die zeitgenössische Punk-Party-Kollektion kombiniert klassische Teile mit neu beschafften Materialien unter Verwendung von recyceltem Denim, ökologischer Seide, waldfreundlicher Viskose und vom Haus neu entwickelten Öko-Drucktechniken. Westwoods Prêt-à-porter ruft einmal mehr zu Geschlechtsfluidität, Aktivismus, historischen Referenzen und Umweltbewusstsein auf.
Der in London lebende, türkischstämmige Designer Bora Aksu ruft in seiner Kollektion Romantik und Eskapismus hervor. Pastellfarbene Kleider erkunden strukturierte weibliche Silhouetten, die gleichermaßen durch militärisch inspirierte Mützen und verkürzte Smokingjacken gebrochen werden. Sein träumerisches Gespür für Extravaganz und Tradition bezieht sich auf die blühende Zeit nach der Französischen Revolution - oder auf andere turbulente Kontexte in der Geschichte, man denke zum Beispiel an die Spanische Grippe. Genauer gesagt ist seine Kollektion inspiriert von Sophie Germain, einer französischen Mathematikerin, die sich durch Intellekt und Ausdauer gegen Geschlechtsnormen und den Status quo stellte. In den vergangenen Jahren hat sich Bora Aksu mit verschiedenen Projekten zusammengeschlossen, um soziale und ökologische Anliegen zu unterstützen.
Vivienne Westwood
Vivienne Westwood
Vivienne Westwood
Bora Aksu
Bora Aksu
Was wäre die London Fashion Week ohne Layering, Kombimodelle und theatralische Laufstege? CSM-Absolvent Matty Bovan vereint all dies in seinem gleichnamigen Label. Seine Kollektion ist ein Tanz von Layern, die übereinander fallen und geometrische Formen und Drapierungen schaffen; geschmückt mit großen Pailletten, die rekonstruierte Kostüme zeigen, welche zu Figuren führen, die wir noch nicht zuvor gesehen haben. Seine Kollektion verkörpert Eskapismus, in dem seine Charaktere Turbulenz und Nachhaltigkeit demonstrieren. Seine Kollektion besteht hauptsächlich aus recycelten und nachhaltigen Kleidungsstücken und upgecycelten Kristallen von Swarovski.
Matty Bovan
Matty Bovan
Matty Bovan
Falls du Simone Rocha noch nicht kennst, ist es jetzt an der Zeit - die irische Designerin hat es nicht nur wegen ihrer Kollaboration mit H&M in die Schlagzeilen geschafft, sondern auch wegen ihrer handgefertigten Schneiderkunst. Eine Vermischung aus Punk und Fantasie wird auf die Bühne getragen. Die HW21-Kollektion von Simone Rocha, 'The Winter Roses', setzt auf die Weichheit von Tüll: Opulente Stoffe und Sanduhr-Silhouetten übernehmen die Bühne. Kombiniert mit hochgeschlossenen Dekolletés, schweren Plateaus, voluminösen Formen und verspielten Zöpfen enthüllen sich die blühendsten Symbole, die mit Weiblichkeit assoziiert werden, Hand in Hand mit Dunkelheit und Macht.
Unter der Leitung der in Budapest aufgewachsenen Sandra Sandor, einer Absolventin des London College of Fashion, wurde Nanushka 2006 gegründet. Seitdem sind Weiblichkeit und Vielfalt die Säulen der Marke. Letzte Woche waren auf dem Laufsteg von Nanushka unverkennbare Referenzen an den europäischen Streetstyle der 70er Jahre zu sehen. Ihre Neuinterpretation zeigt einen Mix aus Satin-Kleidungsstücken, Strickpullovern, karierten Mänteln, Lederhosen und -jacken und spitzen, kantigen Schuhen mit offenem Fußrücken. Ihr Laufsteg beschwor die Essenz ihrer Marke: Vielseitigkeit, Modernität, Funktionalität und High Fashion.
Simone Rocha
Simone Rocha
Nanushka
Nanushka
Nanushka
Nüchternheit: Mit gutem Maß und strukturierten Schnitten wurde Nüchternheit auf den Laufstegen gesichtet, wobei die Designer mehr auf ein Gefühl der Stabilität einzugehen schienen, wie bei Edeline Lee und Tiger of Sweden zu sehen war. Die britisch-kanadische Designerin Edeline Lee präsentierte weiche Stoffe, erdige Farben und dunkle Töne, die Ruhe, Komfort und Vertrauen ausstrahlen. Tiger of Sweden, die etablierte Herrenmodemarke, zeigte seine Kollektion "Life" mit klassischer Maßschneiderei und Trenchcoats, die sehr an die unaufgeregte Lebenseinstellung der Schweden erinnern: mit Eleganz in den Alltag zu gehen.
Edeline Lee
Tiger of Sweden
Kulturelles Erbe: Labrum London, eine Herrenbekleidungsmarke, deren Gründer Foday Dumbuya seine Marke als "Designt von einem Immigranten" beschreibt, führte seine Kollektion in einer Kirche vor, wo westafrikanischer Stil auf britische Schneiderkunst traf. Seine Kollektion ist eine Ode an die schwarze Gemeinschaft Englands in den späten 1700er Jahren und regt zu Gesprächen über Immigration, kulturelle Verdrängung und Multikulturalismus an.
Labrum London
Labrum London
Experiment Nachhaltigkeit: Beim Experimentieren mit Nachhaltigkeit geht es nicht nur um die Materialauswahl. Marques'Almeida, die in ihren Kollektionen Materialien aus Restbeständen verwenden, strebt nach Veränderung: Dort, wo high-end Ready-to-Wear und Nachhaltigkeit endgültig cool ist. Ihre Herbst/Winter-Kollektion verwendet natürliche Färbemittel aus pflanzlichen Abfällen, recycelte und biologisch abbaubare Materialien, und verzichtet gleichzeitig komplett auf die Verwendung von erdölbasierten Fasern in ihrer Produktionskette. Ihre Nachhaltigkeitsreise erfolgt in Verbindung mit der Erforschung von Form, Farbe und Kunst; alles in einem Modell, das auf Anfrage gefertigt wird.
Marques’ Almeida
Mix Match: Was wären die Briten ohne ihre berüchtigten rot-grün-karierten Textilien, die sie mit so ziemlich allem kombinieren, was sie warm hält? Mix-Match ist diese Saison in aller Munde - das heißt, Mäntel, Sandalen, Kleider, Farben und Muster finden zueinander, ohne irgendwelchen Regeln zu folgen. Wie bei der Coach-Kollektion zu sehen, kann alles mit allem kombiniert werden.
Coach
Coach
Coach
Florale Muster: Florale Muster sind schon seit vielen Jahren ein Trend - und er scheint nicht abzuklingen. Vintage und Nostalgie sind präsenter denn je. Die neue Ready-to-wear-Kollektion von Erdem zeigt florale Muster vor dezenten Farben, Metallic-Stickereien und klassischen Silhouetten, während Preen in Kombination mit kräftigeren Farben und Accessoires die Muster in den Mittelpunkt stellt. Victoria Beckham, die für Weiblichkeit und Modernität steht, mischt florale mit flächigen Mustern, die Sinnlichkeit und Minimalismus enthüllen.
Erdem
Preen
Preen
Victoria Beckham
+ Words: Alejandra Espinosa, Luxiders Magazine Editor
Liberal Arts graduate | Berlin-based writer
Connect with her on LinkedIn or Instagram (@sincosmostura)